Ich beschreibe heute eine sehr bewusste Lebensweise, während ich gleichzeitig einige sentimentale Minuten auf meiner alten Schulbank sitze und Latein genieße.
Ich habe den Unterricht wirklich genossen. Einige Jahre habe ich munter lateinische Wörter am Gymnasium dekliniert und man mag es kaum glauben, aber tatsächlich haben wir hier nun die Situation, dass gelerntes von vergangener Schulzeit HEUTE von Bedeutung ist. Wie schön!
Und wie ermutigend für alle Schüler, es hat einen Sinn – all diese gefühlt verlorenen Jahre haben durchaus manchmal später ihre Berechtigung.
Also zurück zu „coram deo“
„coram“ bedeutet in jmds. Anwesenheit. Man kann es auch mit ‚öffentlich‘ oder ‚vor jmd.‘ übersetzen, um weitere Möglichkeiten zu nennen.
„deus“ ist einfach Gott. Wenn ich das aber dekliniere, das ist das mit Akkusativ und Genitiv, also ich frage nach Was, Wessen oder Wem, kommen wir der Sache näher.
Wenn ich nämlich die Dativ Form bilde, frage ich „Vor Wem?“, dann verändert sich ‚deus‘ zu ‚deo‘.
Nun lese ich ‚coram deo‘ und verstehe ‚in der Anwesenheit Gottes‘ oder ‚vor dem Angesicht Gottes‘.
Manchmal hilft es ungemein eine Sache sehr auseinander zu nehmen, damit ihr es jetzt nie wieder vergessen könnt. Nach so vielen investierten Zeilen in die Übersetzung zweier Wörter, kann sich das jeder merken. Das ist wiederum super, um die im folgenden beschriebene Lebensweise in seinem inneren einzuprägen.
Ich und du, wir leben alle. Und die Dinge, die wir tun entspringen unserem Willen. Das bedeutet, wir sind keine Opfer, sondern im Gegenteil starke Menschen mit viel Macht – nämlich dem eigenen Willen.
Innerhalb dieser Macht, die uns obliegt, können wir gute und schlechte Entscheidungen treffen. Aber egal welche wir wählen, unsere Macht und Autorität über diese Sache verändert sich nicht. Es liegt also viel mehr an uns, als wir oft glauben wollen. Sehr oft sehen wir uns als ziemlich ausgelieferte Wesen, die kaum ein Mitspracherecht haben und ihr Schicksal, oder wie man es auch nennen will, ziemlich verloren hinnehmen.
Das überrascht mich. Die Bibel spricht sehr klar, da sowohl unsere Worte, die ja Macht haben, aus unserem eigenen Mund entspringen, als auch die Entscheidungen für oder gegen etwas vollkommen von uns ausgehen. Wir dürfen uns völlig von der Rolle des Opfers lösen und uns zu absoluter Selbstständigkeit gratulieren. Das ist meistens der erste Schritt zur Verbesserung der uns belastenden Umstände. Wenn es richtig doof bei mir zuhause läuft, dann ist eine Veränderung der Stimmung manchmal nur damit erfolgt, dass ich beschlossen habe lustig und fröhlich zu sein. Nicht länger dem Ärger oder der Gereiztheit in mir eine Bühne zu geben, sondern einmal zu wechseln.
Mit meinen Kindern haben wir drei Familienregeln, die sie sehr früh auswendig wussten. Sie bieten uns einen Rahmen, an den wir uns alle ausnahmslos halten wollen. Das sind nicht die Regeln für die Kinder, sondern für unser Miteinander. Drei F’s , an die wir uns gerne erinnern: friedlich – freundlich- fröhlich
Das sind drei Eigenschaften, zu denen wir uns jederzeit selber entscheiden können. Punkt, aus, fertig.
Über die Tragik dieses fehlenden Bewusstseins könnte ich noch sehr lange sprechen. Aber ich möchte jetzt auf etwas anderes hinaus.
Wenn wir also selber entscheiden, wie wir uns verhalten und was wir tun, sind wir bei coram deo ganz schön gefragt.
Ein Beispiel: Ich stehe in einem Zimmer und habe einen sehr schweren Gegenstand, den ich raustragen möchte. Ich würde es alleine vielleicht schaffen, aber weil ich weiß (!), das mein Mann gerade Zuhause ist, rufe ich ihn direkt dazu und bitte ihn einmal mit anzupacken. Ebenso berücksichtige ihn beim Tisch decken, wenn er bspw. Urlaub hat und mittags mit uns gemeinsam isst. Stellt euch vor, er hat drei Wochen Urlaub. Ich plane keiner meiner Aktivitäten, ohne ihn zu berücksichtigen. Ich plane in dem Bewusstsein seiner Anwesenheit. Das bedeutet nicht, dass ich ihm keinen Zentimeter von der Seite weiche und nichts anderes tue, als neben ihm zu stehen. Aber ich mache z.B. zügig die Wäsche, oder dann wenn er gerade mit etwas anderem beschäftigt ist, um dann hinterher eine tolle gemeinsame Aktivität planen zu können. Ich berücksichtige seine Essenswünsche oder stimme mich beim Aufstehen und Schlafengehen auf ihn ab. Ich bin mir die ganze Zeit seiner Anwesenheit bewusst und beziehe sie ein.
Was Anderes, stellt euch vor, ihr legt euch morgens ein Taschentuch auf die Schulter und wollt, dass es bis zum Schlafengehen nicht herunterfällt. Wie würdet ihr euch bewegen? Wie würdet ihr euch bücken? Wenn ihr laufen geht oder euch schnell nach etwas strecken müsst, würde doch die andere Hand schützend zum Taschentuch greifen, damit es bloß nicht herunterfliegt? Aber noch viel gefährlicher, ein leiser schleichender Windhauch würde ausreichen, um dieses Taschentuch von deiner Schulter zu pusten. (Dieses Bild beruht auf dem Beispiel von Bill Johnson aus einer Predigt, wo er fragt, wie wir gehen würden, wenn auf unser Schulter eine Taube sitzen würde…)
Ich liebe es, wenn wir einen bildlichen Zugang haben zu einer Sache, die so abstrakt ist. So abstrakt wie die Gegenwart eines Gottes in meinem Alltag.
Wir werden aber angehalten, ein Leben zu führen, in der Anwesenheit unseres Gottes. Seine Gegenwart auf uns. Sein Geist IN UNS!
Nun ist es wichtig, sich dieses neue Bewusstsein für seine Gegenwart einzuprägen.
Wie reagierst du in verschiedenen Alltagssituationen, wenn du weißt, Gott ist hier?
Aber vor allem, wie gestaltest du deinen Tagesablauf, wenn du weißt, ich möchte unbedingt gleich Zeit haben, damit wir zusammen sein können. Ich verplempere nicht ewig überall meine Zeit, weil es mir wichtig ist, wenigstens eine Stunde Ruhe füreinander zu haben. Ob ich dann Bibel lese, oder nur bete oder nur höre oder singe…
Wie sehr passe ich auf, diese Verbindung zu ihm nicht zu verlieren oder gar zu riskieren, wenn plötzlich alles zusammenbricht und eskaliert. Das ist der Moment, wenn ich unbedingt mit einer Hand flink zum Taschentuch greifen sollte, dass ich es am Ende nicht noch verliere.
Das sind die Augenblicke, wo ich urplötzlich drauf und dran bin alles zu vergessen, was mir eigentlich wichtig ist und meine Kinder, meinen Mann, mein Umfeld anschreie, oder etwas furchtbar gemeines zu meiner Freundin sage. Eine kleine Situation reicht aus und plötzlich finde ich mich in der Katastrophe wieder. So wie eine Vase, die nur einen winzigen Stupser braucht um vom Tisch zu fallen. So braucht es manchmal nur einen kleinen Anstoß und wir sind kurz davor sehr viel kaputt zu machen.
Aber wie reagiere ich, wenn ich kurz davor bin jemanden zu beleidigen, aber meine Hand im Hechtsprung nach der Vase noch zudem nach dem besagten Taschentuch auf meiner Schulter greift – also während mit die Worte fast schon herausspringen, erinnere ich mich in dem Bewusstsein seiner Gegenwart, an die Freundlichkeit und Liebe, die ich leben will.
Während ich drauf und dran bin einen Film zu gucken, von dem ich weiß, der ist nicht unbedingt gut für mich, sehe ich das Taschentuch im Augenwinkel und weiß, es würde einer dieser Windstöße sein, die man kaum merkt, aber clam heimlich weht es das Taschentuch von meiner Schulter.
C o r a m d e o.
In der Anwesenheit Gottes.
Wir verdrängen manchmal, dass es kein Zufall ist, ob seine Gegenwart in unserem Leben Raum hat oder ob wir das nicht sonderlich bedenken. Wir ruhen vielleicht manchmal auch darin aus, dass immer dann wenn es runterfällt, dieser unglaubliche Mann mit Namen Jesus vor uns steht und uns das Taschentuch hinhält. Er hat es aufgehoben für uns, als wir noch mit rumwüten beschäftigt waren, hat es mit seinem Blut schneeweiß gewaschen und hält es uns nun hin, zum weiß nicht wie vielten mal. Das ist Vergebung und das ist Liebe. Das ist seine Natur und sein Werk für uns. Genauso sieht das aus. Wieder und wieder bringt er die Dinge in Ordnung. Er würde es selber nie zurück auf die Schulter legen. Es braucht immer unseren Blick hin zu ihm und unsere ausgestreckte Hand, die seine Liebe und Vergebung annimmt und den Wunsch nach seiner Anwesenheit und Präsenz in unserem Leben, sodass wir das Taschentuch selber zurück an seinen Platz legen.
Nur bin ich kein Evangelist, der bei dem Moment der Versöhnung zwischen Gott und Mensch ein Häkchen setzt. Ich appelliere an die Vernunft, die uns mahnen sollte, das bei einer Endlosschleife dieses Vorgangs keine Tiefe entstehen kann.
Wenn wir uns immer nur damit beschäftigen, den Ursprung wieder herzustellen und niemals in die Lage kommen, das aufrecht erhalten zu können – sollten wir dringend an uns arbeiten. Das bedeutet wir reißen uns am Riemen und bitten den Heiligen Geist etwas lauter und eindringlicher mit uns zu reden. Es braucht eine Kapitulation vor der Gnade Gottes. Eine Erneuerung unseres Respekts vor seiner Liebe für uns.
Ich denke, dass wenn in der Bibel steht „Kehr um und sündige nicht mehr“, damit gemeint ist wir sollen umkehren und nicht mehr sündigen. Wer hat uns erlaubt, da so eine Lebensphilosophie hinzuzufügen? Sünden sind nicht okay. Und es ist nicht okay, ewig in den gleichen Dingen zu baden, dann müssen wir uns deutlich näher ans Kreuz begeben und flehen, dass unsere kalten Herzen auftauen und unsere Gleichgültigkeit ersetzt wird mit Dankbarkeit – dass die Botschaft vom Kreuz wieder etwas mit uns macht.
Wenn wir alle unsere Entscheidungen treffen, in dem Bewusstsein seiner Gegenwart, was glaubt ihr wie viel ändert sich? Wenn wir unsere Alltagsaufgaben und Handyzeiten in dem Bewusstsein seiner Anwesenheit verbringen, was glaubt ihr wie sieht es dann aus? Wenn wir in den Eskalationen schützend an die Verbindung zu ihm denken und dass die Sünde, für die ich mich gerade selbstständig entscheide, nicht gleichzeitig mit seiner Gegenwart in diesem Raum sein kann, wie stark kneife ich meine Lippen dann wohl zusammen? Wenn der Film, von dem ich weiß, dass er mich zwar nicht die Heilsgewissheit kostet, aber nur Unsinn und Schmutz in mein Herz sät, in dem Bewusstsein von Gottes Gegenwart auf mir, angemacht wird? Gucke ich den dann wirklich zu ende? Wofür denn? Für einen teuren Preis sicher.
Das ist ja irgendwie die bewusste Entscheidung gegen ihn in meinem Leben. In Jakobus 4 steht zu deutlich, dass Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott bedeutet. Das dürfen wir nicht schönreden. Ich darf mich nicht wundern, dass mein Leben mit Gott nicht sehr aufregend ist und irgendwie träge, wenn ich kein Stück acht darauf gebe, seine Gegenwart zu schützen. Wenn ich, mehr noch, sogar bewusst nach dem abwiegen einer Sache die Entscheidung gegen ihn getroffen habe.
Denkt dran, wir haben Macht. Sehr viel. Das meinte ich anfangs mit der Macht, es ist unsere eigene Aufgabe, Entscheidungen zu treffen. Nicht deine Familie, nicht deine tolle Kirche, nicht deine Freunde. Nur du alleine triffst die Entscheidungen in deinem Leben. Selbstverantwortung!
CORAM DEO.
Ich bete, dass du dich FÜR ihn entscheidest. Vor allem Dingen, wenn du noch nie eine klare Entscheidung für Gott getroffen hast. Dann erst recht. Entscheide dich für Jesus.
Vielleicht magst du so gemeinsam mit mir beten: „Jesus, du bist ein Freund, der mir nah ist. Ich danke dir, für die vielen Momente in denen ich staunend festgestellt habe, deine Liebe hört nicht auf. Jedes Mal, wenn du mir das schneeweiße Taschentuch wieder entgegenstreckst, fühle ich deine Vergebung und kann von vorne beginnen. Heiliger Geist, erinnere du mich heute daran, was es Jesus gekostet hat, diese Möglichkeit zu erschaffen. Zerstöre die Gleichgültigkeit in mir, die nicht mit aller Kraft dafür kämpft, die Gegenwart Gottes in meinem Leben zu schützen. Ich möchte bewusste Entscheidungen treffen, die deine Anwesenheit nicht verdrängen. Denn ich weiß, Dunkelheit und Licht kann ich nicht zugleich in mir tragen. Deshalb bete ich, dass das Licht von Jesus Christus jetzt mein Inneres durchleuchtet und mich reinigt. Dass sein Feuer neu in mir entfacht wird und ich lerne, vor dem Angesicht Gottes zu leben. Vergib mir meine Toleranz mit der Sünde. Wecke Glauben in mir, von vorne zu beginnen und die Tiefe in dir zu erwählen. Ich möchte nicht länger in der Endlosschleife bleiben und trete jetzt da aus in der Kraft deines Geistes und wähle ein Leben, das sich deiner Gegenwart bewusst ist. Du bist mein Gott und ich werde dir folgen! Ich werde die Verbindung zu dir heute schützen. Ich bitte dich Heiliger Geist, der du in mir bist, mahne mich, erinnere mich und lehre mich, dieses Leben zu führen.“
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Mila (Donnerstag, 17 Februar 2022 15:12)
Hallelujah - AMEN
Vielen Dank!